Donnerstag, 23. November 2017

Wo Graffiti, Weitsicht und Kalter Krieg aufeinandertreffen: Der Teufelsberg

Verrottete Plätze und Gebäude hat Berlin reichlich zu bieten. Der Teufelsberg mit seinen verfallenen Kuppeln, einer Street Art Galerie über fünf Stockwerke hinweg und einem Rundumblick über die Stadt gehört zu den Lost Places, die Besuchern ganz offiziell offen stehen.
Der Teufelsberg ist ein Trümmerberg, der nach dem Zweiten Weltkrieg entstand. Rundherum erstreckt sich der Grunewald und lädt zu Spaziergängen ein. So weit, so gut. Was den Teufelsberg erst spannend macht, ist die Nutzung als Abhörstation im Kalten Krieg. Gemeinsam richteten sich US-Amerikaner und Briten auf dem Berg eine Flugüberwachungs- und Abhörstation ein. Mehr als 1000 Menschen arbeiteten in den Gebäuden, von denen heute teilweise nur noch Reste erhalten sind. Nach dem Ende der Sowjetunion und dem Abzug der Amerikaner und Briten aus Berlin wurde das Areal für die zivile Luftüberwachung genutzt. Ab dem Ende der 90er blieb das Gelände ungenutzt und verfällt. Immer wieder gibt es Pläne für Hotels oder Veranstaltungsräume, aber bisher liegt es brach und ist gegen einen Eintritt von 8 Euro zu besichtigen. Wer sich vor allem für die Geschichte oder gar Zeitzeugenberichte interessiert, sollte am besten eine Führung mitmachen.
Auf dem Gelände selbst gibt es keine Erklärtafeln oder weiteren Informationen. Der Besucher ist sich selbst überlassen und darf Entdecker spielen. Und es gibt einiges zu entdecken: Müll oder Kunst? Wer mag das bei den Ansammlungen an Skulpturen und Metallgerippen schon entscheiden … Im Hauptgebäude warten dann fünf Etagen mit Street Art darauf, entdeckt zu werden. Da das Treppenhaus zu den oberen Etagen über keine Fenster verfügt, lohnt es sich auf jeden Fall eine Taschenlampe mitzunehmen. Fast ganz oben warten dann die zwei halb verfallenen Kuppeln und eine beeindruckende Aussicht – halbwegs gutes Wetter vorausgesetzt. Der letzte Aufstieg führt dann in die oberste geschlossene Kuppel. Mal abgesehen von ihrem eigentlichen Zweck, wartet sie jetzt darauf mit Geräuschen bespielt zu werden. Selbst der schlechteste Sänger bekommt hier einen großen Auftritt. Wer sich eher von übersichtlichen Ausstellungen begeistern lässt, empfindet das Areal wohl wie eine Müllhalde. Wer es hingegen faszinierend findet, wie Natur und Künstler ein unbenutztes Gelände für sich entdecken, für den lohnt sich der Besuch.

Donnerstag, 9. November 2017

Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen - Ein Ausflug nach Spandau

Sich über Spandau lustig machen, gehört zum guten Ton in Berlin. Ganz weit draußen liegt dieser Bezirk und zählt ja irgendwie fast gar nicht dazu. Dabei hat Spandau neben frischer Luft einiges zu bieten, wie die Zitadelle. Für die lohnt sich sogar ein Tagesausflug an den Rand der Stadt.

Die Zitadelle gilt als Wahrzeichen Spandaus und als eine der am besten erhaltenen Renaissancefestungen Europas. Und weil man so weit ab ist vom Schuss, ist auch der normale Eintrittspreis mit 4,50 Euro günstig. Unbedingt ans Herz legen würde ich den Audioguide. Der kostet noch einmal 2 Euro Eintritt extra, lohnt sich aber, weil man so einen schönen Rundgang bekommt. Zu sehen gibt es alte Gebäude und verschiedene Ausstellungen. Der Blick vom 32 Meter hohen Juliusturm zeigt zwar nicht nur die schönsten Seiten Berlins, aber ist trotzdem sehenswert.

Die Ausstellungen im Kommandantenhaus zur Geschichte der Festung und im Zeughaus zur Geschichte Spandaus kann man mitnehmen. Richtig begeistert hat mich mehr die Ausstellung „Enthüllt“ im Proviantmagazin. Sie ist eine Ansammlung von Denkmälern, die in früheren Zeiten Berlins Straßen bevölkerten. Vereinzelte interaktive Karten zeigen, wo sie standen oder wo auch heute noch Denkmäler stehen. Abgesehen von allerlei Figuren in mehr oder weniger gutem Zustand, entführt ein Raum in den Tiergarten im Jahr 1907. Mit einer riesigen Fototapete und Hintergrundgeräuschen ist die Installation nicht unbedingt sehr realistisch, aber eindeutig originell und erlebenswert. Im letzten Saal warten dann Lenins Kopf und andere Denkmalstücke aus neuerer Zeit auf Betrachter.
Eine passende Ausstellung zum Thema Berlin und seine Denkmäler gibt es auch in der Kaserne. Dort sind im zweiten Stock bis zum 19. November noch Bilder von Matthias Koeppel zu sehen. Modern, klassisch, kubistisch, von allem etwas und ganz viele Bilder haben das Thema Berlin. Wer am richtigen Tag vorbeikommt, kann sogar den Künstler beim Arbeiten zuschauen. Ein paar Meter weiter befindet sich der Fledermauskeller. Die Gewölbe der Zitadelle bieten mehr als 10.000 Fledermäusen ein Winterquartier und im Keller gibt es Informationen zu den kleinen Blutsaugern. Nicht zu vergessen einen Fledermaus-Schauraum.
Für Fans der Militärgeschichte lohnt sich ein Blick in die Exerzierhalle. Dort gibt es eine Ausstellung zu verschiedenen Waffen und Kanonen, die in Spandau hergestellt wurden. Schließlich galt Spandau seit dem 18. Jahrhundert als Waffenschmiede. Ein bisschen mulmig wird es einem in den Italienischen Höfen. Eigentlich sehen die malerisch aus und dienen heute für Events. Während der NS-Zeit war die Zitadelle aber militärisches Sperrgebiet, hier wurde unter anderem an Giftgas geforscht. Experimente an Tieren und Menschen wurden durchgeführt und auf der Bastion Brandenburg dafür Gebäude errichtet. In den Italienischen Höfen ist sogar noch ein Versuchslabor erhalten. Um mit dem Gruseligen nicht zu enden noch ein Lob für die Symmetrie der Zitadelle, die rundum von Wasser umgeben ist. Die Wallanlagen sind begehbar und von jeder der vier Bastionen bietet sich ein ganz eigener Blick auf die Umgebung und die Zitadelle. Alles in allem lassen sich hier schon ein paar Stunden verbringen und die doch so weite Fahrt lohnt sich.

Donnerstag, 2. November 2017

Ingenieurskunst und Industriedenkmal: Das Schiffshebewerk Niederfinow

Im Gegensatz zu Geschichte, Natur oder Kunst gehört Technik zu den Themengebieten, die keine Begeisterungsstürme bei mir auslöst. Das Schiffshebewerk in Niederfinow zeigte mir jedoch auf beeindruckende Weise, dass auch Ingenieurskunst ästhetisch sein kann.
Zuallererst steht bei einem Schiffshebewerk natürlich die Funktion im Vordergrund. Ein Hebewerk überwindet Höhenunterschiede. So weit, so gut. Was das Schiffhebewerk besonders macht, ist nicht der Höhenunterschied von 36 Metern oder die Bedeutung des Oder-Havel-Kanals als einzige transeuropäische Ost-West-Wasserstraße. Die wahre Meisterleistung liegt darin, dass das Hebewerk seit 1934, abgesehen von kleineren Störungen und regelmäßigen Wartungen, in Betrieb ist. Damit ist es das älteste noch arbeitende Schiffshebewerk in Deutschland. Noch besser ist jedoch, dass sich die Vorgänge von allen Seiten beobachten lassen. Es gibt Schiffsfahrten durch das Hebewerk und das Stahlungetüm und der Senk- oder Hebeprozess lassen sich von unten oder auch von oben beobachten. Wenn sich die riesigen Gewichte senken, während der Trog, also das Wasserbecken, samt Schiffen sich hebt, bleibt mir nichts übrig, als fasziniert zu sein. Davon abgesehen bietet die Plattform auf dem Hebewerk auch eine schöne Aussicht ins Brandenburger Land und auf das neue Hebewerk. 
Das soll das Alte ersetzen. Denn auch wenn es noch funktioniert, stößt es an seine Grenzen, für die heutigen Schiffe ist es zu klein. Das neue Hebewerk ist ein Glaskoloss, der mit der wuchtigen Stahlkonstruktion des alten in meinen Augen nicht mithalten kann. Das Schiffshebewerk Niederfinow ist fast das ganze Jahr offen und der Eintritt von zwei Euro hinnehmbar. Es ist 60 Meter hoch, aber für alle, die sich vor unzähligen Treppenstufen graulen: Ein Weg mit Informationstafeln schlängelt sich bedächtig hoch zum Hebewerk und erst die letzten Meter heißt es dann Treppensteigen. Die Bedeutung des Hebewerks haben natürlich auch schon andere erkannt, sodass es offiziell als Industriedenkmal anerkannt ist.

Mittwoch, 18. Oktober 2017

Ruhepol in der Florastraße 87

Schon mal den Begriff Pocket Park gehört? Einen Eindruck davon, was ein „Taschenpark“ sein kann, gibt es in der Florastraße 87. Ursprünglich noch etwas grüner ist hier der Pocket Park mittlerweile von Häusern und Baustellen umschlossen, aber dennoch ein kleiner Hingucker.

Westentaschenpark, Minipark oder eben Pocket Park sind Bezeichnungen für besonders kleine Grünflächen oder brachliegenden Nischen, die einer gärtnerischen Gestaltung unterzogen werden. So auch in der Florastraße. Abgesehen von kleinen Beeten gibt es in der Florastraße 87 aber noch mehr zu sehen, und zwar riesige Mosaik-Möbel. Bett, Tisch und Sessel sind sogar nutzbar, wenn auch etwas hart. Leicht abgenutzt sind die Mosaikarbeiten dennoch sehenswert. Selbst die Grundzüge von Spielbrettflächen sind auf den zwei Tischen noch zu erkennen. Die Betonmöbel gehen auf die Künstler Christine Gersch und Igor Jerschov zurück. Sie sind aber nicht einfach nur Dekoration, sondern vermitteln einen Eindruck vom Aufbau einer Gründerzeitwohnung. Auf dem Boden ist der Grundriss der einzelnen Zimmer eingearbeitet. Seit 2005 gibt es diesen Pocket Park. Kurz nach seiner Errichtung gab es für diese Gestaltung vom Berliner Senat den Gustav-Meyer-Preis. Mittlerweile wirkt das Ensemble etwas abgenutzt, wie in einer echten Wohnung und bietet dennoch die Möglichkeit mal kurz zur Ruhe zu kommen, wenn nicht gerade Bauarbeiten im Gange sind. 

Mittwoch, 13. September 2017

Kunst am Bau in der Wollankstraße

Die Wollankstraße lädt nicht gerade zum Flanieren ein. Dafür gibt es in Berlin schönere Straßen. Aber spannend ist sie trotzdem. In der Straße treffen der Wedding und Pankow, ehemaliges West- und Ostberlin aufeinander. Selbst wenn es den Wedding als eigenständigen Bezirk nicht mehr gibt, bekommt man ein Gespür für unterschiedliche Kieze in der gleichen Straße. Ein Kleinod am Straßenrand ist die Wandmalerei in der Wollankstraße 20.
Unübersehbar prangt an der Brandwand des Hauses neben dem Kloster eine feenhaft anmutende Frau. Was für die einen kitschig ist, nennen andere Kunst am Bau und dieser Einschätzung schließe ich mich an. Nicht immer muss Kunst wachrütteln und zum Nachdenken bringen, manchmal darf sie auch einfach nur schön sein. Die Fassadenmalerei ist eine Auftragsarbeit. Die Künstlerin Irma Penna hat sich dabei an den tschechischen Künstler Alfons Maria Mucha orientiert. Er war ein bekannter Vertreter des Jugendstils. Diese Kunstrichtung hatte sich unter anderem das Ziel gesetzt, Kunst im alltäglichen Leben zu integrieren. Das Bild erinnert stark an Muchas „Primel“. Wer will, kann unter Rückgriff auf die Blumensymbolik, tiefere Aussagen wie Hoffnung oder Frühling hineininterpretieren. Oder einfach mal kurz stehen bleiben und Kunst genießen. Auf jeden Fall sorgt die beblumte Dame auf der faden praktischen Hauswand für ein florales, optisches Highlight. 

Donnerstag, 17. August 2017

Ein Gartendenkmal in Neukölln

Jeder Berliner Bezirk hat sein eigenes grünes Highlight und der Körnerpark zählt für mich zu den schöneren grünen Oasen in Neukölln, wobei ich mich gerne eines Besseren belehren lasse. Der sehr kleine Park ist über hundert Jahre alt und dient vor allem den Nachbarn als Ruheort, wenn nicht gerade der Rasen von G-20-Gegnern verätzt wird.
Ein Ausflug in den Körnerpark lohnt sich wohl am meisten für Anwohner, Gartenfreunde und Hobbyfotografen, denn eine Runde durch den Park dauert selbst bei gemächlichstem Tempo nur zehn Minuten. Besondere Hingucker gibt es nicht zu entdecken, es sei denn, man begeistert sich für Skulpturen und Stauden, wobei aber die Anlage durch ihre Symmetrie und Gepflegtheit schon meine Sympathien gewonnen hat. Der Park liegt in einer ehemaligen Kiesgrube. Von der ist nichts mehr zu erkennen außer, dass die Anlage tiefer als die umliegenden Straßen und umgeben von Mauern ist. Dementsprechend geht es über breite Treppen in den Park hinab, von denen es einen Rundumblick gibt. Die ganze Anlage mutet eher wie ein Schlosspark an, nur eben ohne Schloss. Auf der einen Seite gibt es ein Café, von dem sich ein guter Ausblick auf die andere Seite des Parks mit den Wasserkaskaden bietet. Gleich neben dem Café werkeln bei gutem Wetter Künstler an ihren Statuen. Bei einem Käffchen lässt sich so gut beobachten, was für harte Arbeit es ist, aus einem Stück Stein eine Figur zu machen. Reichlich Figuren stehen dann auch im Park selbst. Der ist relativ ruhig und nicht überlaufen. Liegt vielleicht auch daran, dass Ballspielen und Grillen verboten sind. Das Liegen auf dem Rasen gehört zu den weiteren Verboten, woran sich aber die wenigen Besucher nicht halten. Abgesehen vom Mittelteil des Parks gibt es zwei durch kleine Alleen abgetrennte Grünbereiche, der eine dunkel und düster, der andere hell und voller Blumen. Wer denn genau den Park entworfen hat, ist nicht ganz sicher. Wahrscheinlich geht der Entwurf auf Hans-Richard Küllenberg zurück. Sicher ist aber, dass der Park seit 1916 existiert, im neobarocken Stil angelegt und für einen Berliner Park überraschend gepflegt und ruhig ist.

Mittwoch, 17. Mai 2017

Ein Kriegshelm im Gebüsch

An der Otto-Braun-Straße Ecke Prenzlauer Berg und Friedrichshain liegt eine kleine Grünanlage. Zwei Bänke, eine kleine Grünfläche und Sträucher und Büsche bilden eine Art Vorhof für die Bartholomäuskirche. Zwischen dem Grün steht ein Denkmal, das von einem antik anmutenden Helm abgeschlossen wird und an Alexander von Blomberg erinnert.
Die Inschrift offenbart, dass Alexander von Blomberg in der Nähe dieses Ortes, am Königstor, als erstes Opfer der deutschen Freiheitskämpfe im Februar 1813 fiel. Freiheitskämpfe – das ist für mich ein dunkles Kapitel aus dem Geschichtsunterricht. Und warum sollte eine einzelne Person so geehrt werden? Die Phase der Freiheitskämpfe oder auch die Befreiungskriege bezeichnet das Beenden der napoleonischen und französischen Herrschaft in Europa. Vielmehr als die einzelne Person wird mit dem Denkmal eher an die Einsatzbereitschaft von Soldaten gedacht. Schon kurz nach dem Tod des Freiherrn von Blomberg erinnerten Freunde an seinen Tod. Der war recht unglücklich: In der Hoffnung Berlin in einem kurzen Kampf von den französischen Besetzern zu befreien, wurden er und weitere Kämpfer einfach niedergeschossen. Seine Begleiter jedoch waren Russen, da er sich einer Einheit Kosaken angeschlossen hatte. Daher gilt er als das erste Opfer der „deutschen“ Freiheitskämpfe, obwohl auch vor ihm deutschstämmige Soldaten im Dienst der Russen im Kampf gegen die Franzosen fielen. Letztendlich sahen sich die französischen Besetzer in ihrer Position geschwächt, sodass die Truppen im März aus Berlin abzogen. Im Zuge der Heldenverehrung wurde der von Freunden gestiftete Gedenkstein 1913 durch ein Denkmal vom Bildhauer Otto Kuhlmann ersetzt. Dieses hat sich in seiner Form bis heute gehalten. Wurde im 20. Jahrhundert vor allem der Einsatzbereitschaft Alexander von Blombergs für das Vaterland gedacht, verschob sich im 21. der Schwerpunkt auf die deutsch-russische Waffenbrüderschaft. Immerhin kämpften Russen und Preußen gemeinsam gegen Napoleon. Und Alexander von Blomberg? Er war erst 25 Jahre alt, als er starb, war ein preußischer Offizier und verfasste einige patriotische Gedichte und wird wohl dank des Denkmals unvergessen bleiben, allerdings nur aufgrund der Begleitumstände seines Todes … 

Mittwoch, 29. März 2017

Die Marzahner Mühle

Wer die Landsberger immer weiter stadtauswärts fährt, erwartet eigentlich nur noch Plattenbauten und irgendwann dann Brandenburger Land. Doch inmitten der riesigen Wohnparks gibt es einen Hügel samt Mühle, an der sich ab und an die Flügel drehen. Also mal kurz aussteigen und angucken …
Die Bockwindmühle Marzahn ist eine Nachbildung. Sie erinnert an die früheren Mühlen, die es tatsächlich mal in Marzahn gab. Zu einer Zeit als Marzahn noch ein Dorf war. Heute dient sie als Vorführmühle und wer will kann hier sogar heiraten. Bei Führungen erläutern Müller und vielleicht auch Gesellen wie eine Mühle funktioniert. Wer danach mag, kann das hier produzierte Mehl oder das daraus hergestellte Brot im Mühlenladen kaufen. Vor der Mühle und am Fuße des Hofes befinden sich Tiergehege. Sie gehören zum Tierhof, der sich der Rettung bedrohter Haustierarten verschrieben hat. Reichlich Schnattervieh gibt es zu sehen und pelzige Zottelwesen, die meiner Meinung nach wie Alpakas aussehen. Aber das kann ja gar nicht sein, denn das sind ja in Deutschland keine bedrohten Haustiere. Neben den Gehegen gibt es einen Bereich mit alten landwirtschaftlichen Geräten. Gerüchte besagen, dass es hier regelmäßig Veranstaltungen gibt, die Kindern und Erwachsenen die Geschichte des bäuerlichen Marzahns näherbringen sollen. Mühle und Gehege befinden sich direkt in der Nähe des historischen Marzahns. Also wer schon so weit gekommen ist, kann sich auch gleich den ursprünglichen Dorfkern ansehen. Der steht unter Denkmalschutz und wer den Blick fest auf das Kopfsteinpflaster oder die neogotische Dorfkirche richtet und die Hochhäuser am Horizont ausblendet, wähnt sich wirklich in einem Dorf. Wer also mal auf dem Weg zu den Gärten der Welt ist, kann hier ruhig einen kleinen Zwischenstopp einlegen und eine Spur Marzahner Geschichte entdecken.


Mittwoch, 8. März 2017

Zerbrochene Steine in Spandau

Wer in Berlins Mitte wohnt, für den gilt Spandau als Bezirk ganz weit draußen mit Wasser und dörflichen Charme. Neben Klein Venedig und der Zitadelle gibt es aber selbst dort noch einiges mehr zu entdecken. Beim Spaziergang an der Havel erinnern zwei Steine und eine Mauer an die Spandauer jüdischer Herkunft.
An der Sternbergpromenade entstand 1989 das Mahnmal Lindenufer. Ins Auge fallen zuerst die zwei weißen und schwarzen Steine. Sie erinnern an die Spandauer Synagoge, die in der Pogromnacht wie viele jüdische Einrichtungen in Brand gesteckt wurde. Durch beide Steine geht ein Riss, der für die Zerstörung steht. Abseits der Promenade und ein paar Meter vom Denkmal entfernt, steht dann auch eine Informationsstele, die mehr erläutert. Abgesehen von den auffälligen Steinen umzieht das Denkmal seit 2012 eine kleine Ziegelmauer. Hier lohnt es sich, näherzutreten, denn die einzelnen Steine tragen 115 Namen. Die Steine stehen für wirkliche Personen, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft deportiert wurden, und machen aus der großen anonymen Masse der Opfer real existierende Personen. Was mich immer fasziniert, ist, wie durchdacht viele Mahnmale sind. So setzt sich die Platte, auf der die beiden Steine stehen, aus zwölf einzelnen Einheiten zusammen und symbolisiert die zwölf Jahre der NS-Herrschaft. Das Denkmal entstand nach den Entwürfen der verstorbenen Architektin Ruth  Golan-Zareh, die auch die Synagoge in der Rykestraße sanierte. Mit Religion hatte sie angeblich wenig am Hut, meiner Meinung nach verstand sie es aber sehr gut, Dingen Symbolkraft einzuhauchen. Neben dem Mahnmal ist die Sternbergpromenade mit dem Blick auf den Juliusturm und der naheliegenden Altstadt aber auch ein netter Fleck für einen kleinen Spaziergang.

Donnerstag, 9. Februar 2017

Gedenken an eine gescheiterte Revolution an der Prenzlauer Allee

Was wäre der Prenzlauer Berg ohne die Bötzow-Brauerei? Dass dort nicht nur Bier, sondern auch Umsturzpläne gebraut wurden, daran erinnert ein Gedenkstein an der Kreuzung Prenzlauer Allee und Saarbrücker Straße.
Im Gegensatz zum alten Brauereigelände, das von Investoren neues Leben eingehaucht bekommt, ist der Gedenkstein so verwittert, dass die Inschrift nicht mehr zu erkennen ist. Lediglich die Plakette mit dem Bildnis eines Mannes ist ein Hinweis darauf, dass hier an jemanden erinnert wird. Aber es ist eben nicht Julius Bötzow, dem Begründer der Brauerei, sondern Karl Liebknecht. An eben jenen Ort, an dem der Stein steht, gründete sich 1919 der Revolutionsausschuss aus Mitgliedern der KPD und USPD. Ziel des Ausschusses war es, nach der Vertreibung der Regierung unter Ebert und Scheidemann, die Staatsgeschäfte zu übernehmen. Was als Novemberrevolution 1918 begann, endete in Berlin 1919 mit dem Januaraufstand, dessen Niederschlagung und der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, den Symbolfiguren des Spartakusaufstands. Der Gedenkstein wurde vom Bildhauer Otto Maerker gefertigt und 1959 aufgestellt. Dass die Inschrift historisch verklärend und pathetisch ist, lässt sich nicht abstreiten: „Karl Liebknecht – Kämpfer gegen Militarismus und Krieg führte von hier aus Kämpfe der revolutionären Arbeiter und Soldaten am 7. und 8. Januar 1919.“ Den Stein jedoch gänzlich verwittern zu lassen, sodass Unwissende nicht einmal erkennen, woran oder an wen er erinnert, ist dann aber doch ein wenig bedauerlich …