Dienstag, 30. August 2016

Wo Orient und Okzident in Berlin aufeinandertreffen

Das Engelbecken entstand im 19. Jahrhundert nach den Plänen des berühmten Gartenarchitekten Lenné. Es sollte der Mittelpunkt einer Anlage werden, zu dem auch der Luisenstädtische Kanal gehörte. Von diesem ist nur noch der Verlauf zu sehen und auch die Anlage unterlag einigen Wandlungen, doch seit dem Ende der 90er Jahre haben sich Stadt und engagierte Anwohner viel Mühe gegeben, das Engelbecken und die anliegenden Grünflächen zu neuem Glanz zu verhelfen.
Die Zweckmäßigkeit des Luisenstädtischen Kanals war schon zu Bauzeiten umstritten. Als er dann 1926 zugeschüttet wurde, entstand im ehemaligen Wasserverlauf eine Grünanlage. Herzstück dieser Anlage ist das Engelsbecken, benannt nach dem Erzengel Michael, der von der Sankt-Michael-Kirche direkt auf das Wasserbassin schaut. Es ist nicht beeindruckend groß, nicht sonderlich tief, aber dennoch ein kleines Idyll im Herzen der Stadt. Nach dem Krieg wurde das Becken mit dem Schutt der Kriegstrümmer gefüllt. Als dann die Mauer entstand, folgte eine Planierung und das Becken blieb bis zur Wende Teil des Todesstreifens. 
Nach der Wende erfolgte Schritt für Schritt eine Wiederbelebung des Areals. Heute gibt es um das Becken herum bepflanzte Säulengänge, schattige Plätze mit Bänken und Ruhezonen. Wer von der St-Michaels-Kirche kommt und das Becken umrundet, stößt auf den Rosengarten. Der Weg führt dann weiter zum Indischen Brunnen. Der ursprüngliche Brunnen entstand nach der Idee des Berliner Gartenbaudirektors Erwin Barth in den 20er Jahren und wurde Gerüchten nach Anfang des Zweiten Weltkrieges eingeschmolzen. In den 90er Jahren wurde er restauriert und heute schauen eine meditierende Figur und ein Erzengel aus verschiedenen Richtungen auf das Becken. 
Der Brunnen ist detailliert gearbeitet, jeder einzelne Wasser speiende Löwenkopf und jede meditierende Figur ist klar erkennbar. Die Figur zeigt dem Betrachter offen die Hand. Das ist eine Mudra, also Handstellung, die im Buddhismus aber auch Hinduismus ein Symbol der Freundschaft und Ermutigung darstellt. Hinter dem Brunnen führt der Pfad weiter, allerdings hat für mich die Ermutigung nicht ausgereicht, denn je weiter man sich vom Engelsbecken entfernt, je ungepflegter wirkt die Anlage. Vielleicht ist hier das Geld ausgegangen, vielleicht findet sich keiner mehr zur Pflege …
  

Donnerstag, 25. August 2016

Laut Fontane die schönste Kirche Berlins: Die St. Michael Kirche

Schinkel und Backstein sind in Berlins historischen Gebäuden fast überall präsent. An der Sankt-Michael-Kirche in Mitte hat Schinkel nun wirklich nicht mehr mitgewirkt, aber sie entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach den Vorgaben seines Schülers August Sollers. 
Vom Aufbau her wird sie dem Rundbogenstil zugeordnet und nach Wunsch des Auftraggebers Friedrich Wilhelm IV. ähnelt sie einer venezianischen Kirche. Was sie aber in Berlin einzigartig macht, ist ihr Zustand. Denn erst von der Seite entdeckt man, dass diese katholische Kirche eine Ruine ist. Der Mittelteil der Kirche ist den Zerstörungen des 2. Weltkrieges zum Opfer gefallen. Dass die Kirche nicht vollständig wiederaufgebaut wurde, beruht nicht wie bei der Gedächtniskirche auf eine bewusste Entscheidung. Vielmehr mangelte und mangelt es noch immer an Geld. 
Seit den 70er Jahren steht sie unter Denkmalschutz und ist trotz ihrer Unvollständigkeit einen Blick wert. Folgt man dem Blick des auf der Kirche thronenden Engels Michael gelangt man zum Engelbecken und dem Luisenstädtischen Kanal. Ob die Kirche wirklich die schönste Berlins ist, wie es Fontane angeblich in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg geschrieben hat, wage ich nicht einzuschätzen, aber einen näheren Blick ist sie allemal wert.