Im Gegensatz zu Geschichte, Natur oder Kunst gehört Technik
zu den Themengebieten, die keine Begeisterungsstürme bei mir auslöst. Das
Schiffshebewerk in Niederfinow zeigte mir jedoch auf beeindruckende Weise, dass
auch Ingenieurskunst ästhetisch sein kann.
Zuallererst steht bei einem Schiffshebewerk natürlich die
Funktion im Vordergrund. Ein Hebewerk überwindet Höhenunterschiede. So weit, so
gut. Was das Schiffhebewerk besonders macht, ist nicht der Höhenunterschied von
36 Metern oder die Bedeutung des Oder-Havel-Kanals als einzige transeuropäische
Ost-West-Wasserstraße. Die wahre Meisterleistung liegt darin, dass das Hebewerk
seit 1934, abgesehen von kleineren Störungen und regelmäßigen Wartungen, in
Betrieb ist. Damit ist es das älteste noch arbeitende Schiffshebewerk in
Deutschland. Noch besser ist jedoch, dass sich die Vorgänge von allen Seiten
beobachten lassen. Es gibt Schiffsfahrten durch das Hebewerk und das
Stahlungetüm und der Senk- oder Hebeprozess lassen sich von unten oder auch von
oben beobachten. Wenn sich die riesigen Gewichte senken, während der Trog, also
das Wasserbecken, samt Schiffen sich hebt, bleibt mir nichts übrig, als
fasziniert zu sein. Davon abgesehen bietet die Plattform auf dem Hebewerk auch
eine schöne Aussicht ins Brandenburger Land und auf das neue Hebewerk.
Das soll
das Alte ersetzen. Denn auch wenn es noch funktioniert, stößt es an seine
Grenzen, für die heutigen Schiffe ist es zu klein. Das neue Hebewerk ist ein
Glaskoloss, der mit der wuchtigen Stahlkonstruktion des alten in meinen Augen
nicht mithalten kann. Das Schiffshebewerk Niederfinow ist fast das ganze Jahr
offen und der Eintritt von zwei Euro hinnehmbar. Es ist 60 Meter hoch, aber für
alle, die sich vor unzähligen Treppenstufen graulen: Ein Weg mit
Informationstafeln schlängelt sich bedächtig hoch zum Hebewerk und erst die
letzten Meter heißt es dann Treppensteigen. Die Bedeutung des Hebewerks haben
natürlich auch schon andere erkannt, sodass es offiziell als Industriedenkmal
anerkannt ist.
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