Donnerstag, 2. November 2017

Ingenieurskunst und Industriedenkmal: Das Schiffshebewerk Niederfinow

Im Gegensatz zu Geschichte, Natur oder Kunst gehört Technik zu den Themengebieten, die keine Begeisterungsstürme bei mir auslöst. Das Schiffshebewerk in Niederfinow zeigte mir jedoch auf beeindruckende Weise, dass auch Ingenieurskunst ästhetisch sein kann.
Zuallererst steht bei einem Schiffshebewerk natürlich die Funktion im Vordergrund. Ein Hebewerk überwindet Höhenunterschiede. So weit, so gut. Was das Schiffhebewerk besonders macht, ist nicht der Höhenunterschied von 36 Metern oder die Bedeutung des Oder-Havel-Kanals als einzige transeuropäische Ost-West-Wasserstraße. Die wahre Meisterleistung liegt darin, dass das Hebewerk seit 1934, abgesehen von kleineren Störungen und regelmäßigen Wartungen, in Betrieb ist. Damit ist es das älteste noch arbeitende Schiffshebewerk in Deutschland. Noch besser ist jedoch, dass sich die Vorgänge von allen Seiten beobachten lassen. Es gibt Schiffsfahrten durch das Hebewerk und das Stahlungetüm und der Senk- oder Hebeprozess lassen sich von unten oder auch von oben beobachten. Wenn sich die riesigen Gewichte senken, während der Trog, also das Wasserbecken, samt Schiffen sich hebt, bleibt mir nichts übrig, als fasziniert zu sein. Davon abgesehen bietet die Plattform auf dem Hebewerk auch eine schöne Aussicht ins Brandenburger Land und auf das neue Hebewerk. 
Das soll das Alte ersetzen. Denn auch wenn es noch funktioniert, stößt es an seine Grenzen, für die heutigen Schiffe ist es zu klein. Das neue Hebewerk ist ein Glaskoloss, der mit der wuchtigen Stahlkonstruktion des alten in meinen Augen nicht mithalten kann. Das Schiffshebewerk Niederfinow ist fast das ganze Jahr offen und der Eintritt von zwei Euro hinnehmbar. Es ist 60 Meter hoch, aber für alle, die sich vor unzähligen Treppenstufen graulen: Ein Weg mit Informationstafeln schlängelt sich bedächtig hoch zum Hebewerk und erst die letzten Meter heißt es dann Treppensteigen. Die Bedeutung des Hebewerks haben natürlich auch schon andere erkannt, sodass es offiziell als Industriedenkmal anerkannt ist.

Keine Kommentare: