Mittwoch, 18. Oktober 2017

Ruhepol in der Florastraße 87

Schon mal den Begriff Pocket Park gehört? Einen Eindruck davon, was ein „Taschenpark“ sein kann, gibt es in der Florastraße 87. Ursprünglich noch etwas grüner ist hier der Pocket Park mittlerweile von Häusern und Baustellen umschlossen, aber dennoch ein kleiner Hingucker.

Westentaschenpark, Minipark oder eben Pocket Park sind Bezeichnungen für besonders kleine Grünflächen oder brachliegenden Nischen, die einer gärtnerischen Gestaltung unterzogen werden. So auch in der Florastraße. Abgesehen von kleinen Beeten gibt es in der Florastraße 87 aber noch mehr zu sehen, und zwar riesige Mosaik-Möbel. Bett, Tisch und Sessel sind sogar nutzbar, wenn auch etwas hart. Leicht abgenutzt sind die Mosaikarbeiten dennoch sehenswert. Selbst die Grundzüge von Spielbrettflächen sind auf den zwei Tischen noch zu erkennen. Die Betonmöbel gehen auf die Künstler Christine Gersch und Igor Jerschov zurück. Sie sind aber nicht einfach nur Dekoration, sondern vermitteln einen Eindruck vom Aufbau einer Gründerzeitwohnung. Auf dem Boden ist der Grundriss der einzelnen Zimmer eingearbeitet. Seit 2005 gibt es diesen Pocket Park. Kurz nach seiner Errichtung gab es für diese Gestaltung vom Berliner Senat den Gustav-Meyer-Preis. Mittlerweile wirkt das Ensemble etwas abgenutzt, wie in einer echten Wohnung und bietet dennoch die Möglichkeit mal kurz zur Ruhe zu kommen, wenn nicht gerade Bauarbeiten im Gange sind. 

Mittwoch, 13. September 2017

Kunst am Bau in der Wollankstraße

Die Wollankstraße lädt nicht gerade zum Flanieren ein. Dafür gibt es in Berlin schönere Straßen. Aber spannend ist sie trotzdem. In der Straße treffen der Wedding und Pankow, ehemaliges West- und Ostberlin aufeinander. Selbst wenn es den Wedding als eigenständigen Bezirk nicht mehr gibt, bekommt man ein Gespür für unterschiedliche Kieze in der gleichen Straße. Ein Kleinod am Straßenrand ist die Wandmalerei in der Wollankstraße 20.
Unübersehbar prangt an der Brandwand des Hauses neben dem Kloster eine feenhaft anmutende Frau. Was für die einen kitschig ist, nennen andere Kunst am Bau und dieser Einschätzung schließe ich mich an. Nicht immer muss Kunst wachrütteln und zum Nachdenken bringen, manchmal darf sie auch einfach nur schön sein. Die Fassadenmalerei ist eine Auftragsarbeit. Die Künstlerin Irma Penna hat sich dabei an den tschechischen Künstler Alfons Maria Mucha orientiert. Er war ein bekannter Vertreter des Jugendstils. Diese Kunstrichtung hatte sich unter anderem das Ziel gesetzt, Kunst im alltäglichen Leben zu integrieren. Das Bild erinnert stark an Muchas „Primel“. Wer will, kann unter Rückgriff auf die Blumensymbolik, tiefere Aussagen wie Hoffnung oder Frühling hineininterpretieren. Oder einfach mal kurz stehen bleiben und Kunst genießen. Auf jeden Fall sorgt die beblumte Dame auf der faden praktischen Hauswand für ein florales, optisches Highlight. 

Donnerstag, 17. August 2017

Ein Gartendenkmal in Neukölln

Jeder Berliner Bezirk hat sein eigenes grünes Highlight und der Körnerpark zählt für mich zu den schöneren grünen Oasen in Neukölln, wobei ich mich gerne eines Besseren belehren lasse. Der sehr kleine Park ist über hundert Jahre alt und dient vor allem den Nachbarn als Ruheort, wenn nicht gerade der Rasen von G-20-Gegnern verätzt wird.
Ein Ausflug in den Körnerpark lohnt sich wohl am meisten für Anwohner, Gartenfreunde und Hobbyfotografen, denn eine Runde durch den Park dauert selbst bei gemächlichstem Tempo nur zehn Minuten. Besondere Hingucker gibt es nicht zu entdecken, es sei denn, man begeistert sich für Skulpturen und Stauden, wobei aber die Anlage durch ihre Symmetrie und Gepflegtheit schon meine Sympathien gewonnen hat. Der Park liegt in einer ehemaligen Kiesgrube. Von der ist nichts mehr zu erkennen außer, dass die Anlage tiefer als die umliegenden Straßen und umgeben von Mauern ist. Dementsprechend geht es über breite Treppen in den Park hinab, von denen es einen Rundumblick gibt. Die ganze Anlage mutet eher wie ein Schlosspark an, nur eben ohne Schloss. Auf der einen Seite gibt es ein Café, von dem sich ein guter Ausblick auf die andere Seite des Parks mit den Wasserkaskaden bietet. Gleich neben dem Café werkeln bei gutem Wetter Künstler an ihren Statuen. Bei einem Käffchen lässt sich so gut beobachten, was für harte Arbeit es ist, aus einem Stück Stein eine Figur zu machen. Reichlich Figuren stehen dann auch im Park selbst. Der ist relativ ruhig und nicht überlaufen. Liegt vielleicht auch daran, dass Ballspielen und Grillen verboten sind. Das Liegen auf dem Rasen gehört zu den weiteren Verboten, woran sich aber die wenigen Besucher nicht halten. Abgesehen vom Mittelteil des Parks gibt es zwei durch kleine Alleen abgetrennte Grünbereiche, der eine dunkel und düster, der andere hell und voller Blumen. Wer denn genau den Park entworfen hat, ist nicht ganz sicher. Wahrscheinlich geht der Entwurf auf Hans-Richard Küllenberg zurück. Sicher ist aber, dass der Park seit 1916 existiert, im neobarocken Stil angelegt und für einen Berliner Park überraschend gepflegt und ruhig ist.

Mittwoch, 17. Mai 2017

Ein Kriegshelm im Gebüsch

An der Otto-Braun-Straße Ecke Prenzlauer Berg und Friedrichshain liegt eine kleine Grünanlage. Zwei Bänke, eine kleine Grünfläche und Sträucher und Büsche bilden eine Art Vorhof für die Bartholomäuskirche. Zwischen dem Grün steht ein Denkmal, das von einem antik anmutenden Helm abgeschlossen wird und an Alexander von Blomberg erinnert.
Die Inschrift offenbart, dass Alexander von Blomberg in der Nähe dieses Ortes, am Königstor, als erstes Opfer der deutschen Freiheitskämpfe im Februar 1813 fiel. Freiheitskämpfe – das ist für mich ein dunkles Kapitel aus dem Geschichtsunterricht. Und warum sollte eine einzelne Person so geehrt werden? Die Phase der Freiheitskämpfe oder auch die Befreiungskriege bezeichnet das Beenden der napoleonischen und französischen Herrschaft in Europa. Vielmehr als die einzelne Person wird mit dem Denkmal eher an die Einsatzbereitschaft von Soldaten gedacht. Schon kurz nach dem Tod des Freiherrn von Blomberg erinnerten Freunde an seinen Tod. Der war recht unglücklich: In der Hoffnung Berlin in einem kurzen Kampf von den französischen Besetzern zu befreien, wurden er und weitere Kämpfer einfach niedergeschossen. Seine Begleiter jedoch waren Russen, da er sich einer Einheit Kosaken angeschlossen hatte. Daher gilt er als das erste Opfer der „deutschen“ Freiheitskämpfe, obwohl auch vor ihm deutschstämmige Soldaten im Dienst der Russen im Kampf gegen die Franzosen fielen. Letztendlich sahen sich die französischen Besetzer in ihrer Position geschwächt, sodass die Truppen im März aus Berlin abzogen. Im Zuge der Heldenverehrung wurde der von Freunden gestiftete Gedenkstein 1913 durch ein Denkmal vom Bildhauer Otto Kuhlmann ersetzt. Dieses hat sich in seiner Form bis heute gehalten. Wurde im 20. Jahrhundert vor allem der Einsatzbereitschaft Alexander von Blombergs für das Vaterland gedacht, verschob sich im 21. der Schwerpunkt auf die deutsch-russische Waffenbrüderschaft. Immerhin kämpften Russen und Preußen gemeinsam gegen Napoleon. Und Alexander von Blomberg? Er war erst 25 Jahre alt, als er starb, war ein preußischer Offizier und verfasste einige patriotische Gedichte und wird wohl dank des Denkmals unvergessen bleiben, allerdings nur aufgrund der Begleitumstände seines Todes … 

Mittwoch, 29. März 2017

Die Marzahner Mühle

Wer die Landsberger immer weiter stadtauswärts fährt, erwartet eigentlich nur noch Plattenbauten und irgendwann dann Brandenburger Land. Doch inmitten der riesigen Wohnparks gibt es einen Hügel samt Mühle, an der sich ab und an die Flügel drehen. Also mal kurz aussteigen und angucken …
Die Bockwindmühle Marzahn ist eine Nachbildung. Sie erinnert an die früheren Mühlen, die es tatsächlich mal in Marzahn gab. Zu einer Zeit als Marzahn noch ein Dorf war. Heute dient sie als Vorführmühle und wer will kann hier sogar heiraten. Bei Führungen erläutern Müller und vielleicht auch Gesellen wie eine Mühle funktioniert. Wer danach mag, kann das hier produzierte Mehl oder das daraus hergestellte Brot im Mühlenladen kaufen. Vor der Mühle und am Fuße des Hofes befinden sich Tiergehege. Sie gehören zum Tierhof, der sich der Rettung bedrohter Haustierarten verschrieben hat. Reichlich Schnattervieh gibt es zu sehen und pelzige Zottelwesen, die meiner Meinung nach wie Alpakas aussehen. Aber das kann ja gar nicht sein, denn das sind ja in Deutschland keine bedrohten Haustiere. Neben den Gehegen gibt es einen Bereich mit alten landwirtschaftlichen Geräten. Gerüchte besagen, dass es hier regelmäßig Veranstaltungen gibt, die Kindern und Erwachsenen die Geschichte des bäuerlichen Marzahns näherbringen sollen. Mühle und Gehege befinden sich direkt in der Nähe des historischen Marzahns. Also wer schon so weit gekommen ist, kann sich auch gleich den ursprünglichen Dorfkern ansehen. Der steht unter Denkmalschutz und wer den Blick fest auf das Kopfsteinpflaster oder die neogotische Dorfkirche richtet und die Hochhäuser am Horizont ausblendet, wähnt sich wirklich in einem Dorf. Wer also mal auf dem Weg zu den Gärten der Welt ist, kann hier ruhig einen kleinen Zwischenstopp einlegen und eine Spur Marzahner Geschichte entdecken.


Mittwoch, 8. März 2017

Zerbrochene Steine in Spandau

Wer in Berlins Mitte wohnt, für den gilt Spandau als Bezirk ganz weit draußen mit Wasser und dörflichen Charme. Neben Klein Venedig und der Zitadelle gibt es aber selbst dort noch einiges mehr zu entdecken. Beim Spaziergang an der Havel erinnern zwei Steine und eine Mauer an die Spandauer jüdischer Herkunft.
An der Sternbergpromenade entstand 1989 das Mahnmal Lindenufer. Ins Auge fallen zuerst die zwei weißen und schwarzen Steine. Sie erinnern an die Spandauer Synagoge, die in der Pogromnacht wie viele jüdische Einrichtungen in Brand gesteckt wurde. Durch beide Steine geht ein Riss, der für die Zerstörung steht. Abseits der Promenade und ein paar Meter vom Denkmal entfernt, steht dann auch eine Informationsstele, die mehr erläutert. Abgesehen von den auffälligen Steinen umzieht das Denkmal seit 2012 eine kleine Ziegelmauer. Hier lohnt es sich, näherzutreten, denn die einzelnen Steine tragen 115 Namen. Die Steine stehen für wirkliche Personen, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft deportiert wurden, und machen aus der großen anonymen Masse der Opfer real existierende Personen. Was mich immer fasziniert, ist, wie durchdacht viele Mahnmale sind. So setzt sich die Platte, auf der die beiden Steine stehen, aus zwölf einzelnen Einheiten zusammen und symbolisiert die zwölf Jahre der NS-Herrschaft. Das Denkmal entstand nach den Entwürfen der verstorbenen Architektin Ruth  Golan-Zareh, die auch die Synagoge in der Rykestraße sanierte. Mit Religion hatte sie angeblich wenig am Hut, meiner Meinung nach verstand sie es aber sehr gut, Dingen Symbolkraft einzuhauchen. Neben dem Mahnmal ist die Sternbergpromenade mit dem Blick auf den Juliusturm und der naheliegenden Altstadt aber auch ein netter Fleck für einen kleinen Spaziergang.

Donnerstag, 9. Februar 2017

Gedenken an eine gescheiterte Revolution an der Prenzlauer Allee

Was wäre der Prenzlauer Berg ohne die Bötzow-Brauerei? Dass dort nicht nur Bier, sondern auch Umsturzpläne gebraut wurden, daran erinnert ein Gedenkstein an der Kreuzung Prenzlauer Allee und Saarbrücker Straße.
Im Gegensatz zum alten Brauereigelände, das von Investoren neues Leben eingehaucht bekommt, ist der Gedenkstein so verwittert, dass die Inschrift nicht mehr zu erkennen ist. Lediglich die Plakette mit dem Bildnis eines Mannes ist ein Hinweis darauf, dass hier an jemanden erinnert wird. Aber es ist eben nicht Julius Bötzow, dem Begründer der Brauerei, sondern Karl Liebknecht. An eben jenen Ort, an dem der Stein steht, gründete sich 1919 der Revolutionsausschuss aus Mitgliedern der KPD und USPD. Ziel des Ausschusses war es, nach der Vertreibung der Regierung unter Ebert und Scheidemann, die Staatsgeschäfte zu übernehmen. Was als Novemberrevolution 1918 begann, endete in Berlin 1919 mit dem Januaraufstand, dessen Niederschlagung und der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, den Symbolfiguren des Spartakusaufstands. Der Gedenkstein wurde vom Bildhauer Otto Maerker gefertigt und 1959 aufgestellt. Dass die Inschrift historisch verklärend und pathetisch ist, lässt sich nicht abstreiten: „Karl Liebknecht – Kämpfer gegen Militarismus und Krieg führte von hier aus Kämpfe der revolutionären Arbeiter und Soldaten am 7. und 8. Januar 1919.“ Den Stein jedoch gänzlich verwittern zu lassen, sodass Unwissende nicht einmal erkennen, woran oder an wen er erinnert, ist dann aber doch ein wenig bedauerlich …