Freitag, 18. Dezember 2015

Dezentrales Gedenken - Stolpersteine

Zugegeben Berlin und auch ganz Deutschland sind geradezu überladen vom Gedenken an das Grauen des Nationalsozialismus. Aber die Stolpersteine sind für mich eine besonders gelungene Art, daran zu mahnen. Denn sie lassen sich überall entdecken, geben den Opfern ihre Namen zurück und erinnern daran, dass direkt vor der eigenen Haustür jemand gelebt hat, der aufgrund seiner Religion, politischen oder persönlichen Einstellung sterben musste.
An die 6000 Stolpersteine gibt es in Berlin. Die kleinen Steine sind in den Gehweg eingelassen und manchmal geht man achtlos über sie hinweg, weil die goldene Farbe schon verblichen oder man selbst in Eile ist. Seit den 90er Jahren werden sie vom Künstler Gunter Demnig und seinem Team verlegt. Die Oberfläche der würfelförmigen Betonsteine besteht aus einer Messingplatte, in der die Informationen der Opfer in Handarbeit eingraviert sind. Wer darauf achtet, findet sie nahezu in jeder Wohngegend und in vielen Straßen Berlins und kommt ins Grübeln, wie das Verschwinden dieser vielen Menschen nicht bemerkt oder gekonnt ignoriert werden konnte. In den meisten Fällen befinden sie sich vor dem letzten frei gewählten Wohnort. Sie finden ihren Weg dahin durch Initiativen oder Nachkommen, die das Herstellen und Einsetzen des Steins bezahlen. Wer die Namen lesen will, braucht sehr gute Augen oder muss sich bücken. Für den Künstler ist das eine Verbeugung und ein kurzes Stolpern im Herzen, für andere sind die Stolpersteine geschmacklos. In München gibt es nur Stolpersteine auf privaten Grundstücken, da die Stadt sie ablehnt. Die jüdische Gemeinde Münchens möchte nicht, dass die Namen der jüdischen Opfer mit den Füßen getreten werden. Andere Vereine, die sich zum Beispiel für das Gedenken an die homosexuellen Opfer einsetzen, sehen es so wie der Künstler. Neben München gibt es noch andere deutsche Städte, in denen keine Stolpersteine verlegt werden. Insgesamt gibt es aber europaweit mittlerweile etwa 50.000 Steine in 18 Ländern. Ich persönlich mag dieses leise, unaufdringliche Gedenken an den Einzelnen, das sich abhebt von den Museen und Gedenkstätten, die auf die unvorstellbaren Opferzahlen setzen.




1 Kommentar:

McDope hat gesagt…

Wir haben hier auch einige.

Finde die gut, wird viel mehr wahrgenommen wie Tafeln oder so.